Warum Alarmmanagement?

Das Thema Alarmmanagement wird seit einigen Jahren heiß diskutiert, nicht zuletzt wegen mehrerer alarmbedingter Störfälle, die für große Schlagzeilen sorgten. Häufig müssen erhebliche Investitionen in zeitintensive Maßnahmen und in Ressourcen getätigt werden, um ein Alarmmanagementsystem in ein bestehendes Steuerungssystem zu integrieren, und eine kontinuierliche Überprüfung ist dabei für eine langfristige Effektivität unerlässlich. Dennoch setzen immer mehr Unternehmen aus unterschiedlichen Gründen auf betriebliches Alarmmanagement. Was also spricht trotz aller anderen zeitaufwändigen Herausforderungen in Prozessanlagen für ein modernes Alarmmanagement, und worin genau bestehen die Vorteile für die Anwender?

Zunächst gibt es entscheidende Sicherheitsvorteile für Unternehmen sowohl bei Onshore- als auch bei Offshore-Anlagen. Meiner Erfahrung nach verbessert ein Alarmmanagementprogramm das Verständnis von anormalen Prozessbedingungen und ermöglicht somit schnellere und angemessenere Korrekturmaßnahmen. Dies kann Ausfälle verkürzen (oder sogar Ausfälle gänzlich vermeiden!) und im Extremfall den Unterschied zwischen Leben und Tod ausmachen. Es gibt gute Gründe, warum Betriebe das Thema Sicherheit sehr ernst nehmen, und immer mehr Unternehmen überprüfen heute aktiv den Umgang mit Alarmen im Rahmen ihres Sicherheitsmanagementsystems.

Zudem gibt es auch klare regulatorische Triebfedern. Die britische Behörde für Gesundheitsschutz und Sicherheit (‚Health and Safety Executive, HSE‘) und die Regulierungsbehörden in anderen Ländern sind sich der Probleme im Zusammenhang mit dem menschlichen Faktor durchaus bewusst und verwenden bekanntlich die Richtlinie EEMUA 191 (ein Leitfaden, der sich inzwischen als weltweit akzeptierter Inbegriff guter Praxis für das Alarmmanagement etabliert hat) bei der Festlegung von Verbesserungszielen. Der Standpunkt der HSE wurde vor einigen Jahren im folgenden Auszug aus einem Artikel mit dem Titel „Better alarm handling - a practical application of human factors“ von John Wilkinson und Dr. Debbie Lucas von der HSE sehr deutlich gemacht:

„Die Kernbotschaft lautet, dass nur eine einzige Überprüfung und die Umsetzung der Schlussfolgerungen hieraus grundsätzlich völlig inakzeptabel ist. Überprüfungen müssen immer Teil eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses sein, so wie dies bei den meisten anderen Geschäftsbereichen wie z.B. beim Qualitätsmanagement auch der Fall ist. Warum sollten Sicherheitsbelange anders gehandhabt werden?“ Dies ist und bleibt der Standpunkt der HSE. Die Richtlinie EEMUA 191 wird auch von Versicherungsgesellschaften weltweit als Maßstab für gute Praktiken bei der Beurteilung der Leistung und der Unternehmenskultur von verarbeitenden Betrieben herangezogen.

„The Management of alarm systems“, erarbeitet von Bransby Automation Ltd & Tekton Engineering für die Health and Safety Executive (HSE)

„The Management of alarm systems“, erarbeitet von Bransby Automation Ltd & Tekton Engineering für die Health and Safety Executive (HSE)

Darüber hinaus gibt es eindeutige wirtschaftliche Vorteile. Alarmmanagementsysteme sind eine wichtige Informationsquelle für Prozessbediener, und Initiativen zur Rationalisierung und Verwaltung von Alarmen verbessern das Verständnis des Prozessverhaltens. Dies erhöht die Informationsqualität für die Prozessverantwortlichen im Kontrollraum, und wenn diese Informationen effektiv genutzt werden, sorgen sie für mehr Produktkonsistenz, einen höheren Durchsatz und eine zielgerichtetere Wartung und Instandhaltung.

Die ökologischen Vorteile hingegen sind weniger offensichtlich, aber zweifellos vorhanden. Jede Initiative, die zu einer verbesserten Prozessstabilität und weniger Störungen führt, minimiert das Risiko von Unfällen, und das Alarmmanagement leistet einen wesentlichen Beitrag zum Umweltschutz.

Wenn Alarmsysteme in einen Vorfall verwickelt sind, liegt der Fehler in der Regel bei den menschlichen Faktoren. Jede Maßnahme zur Arbeitsplatzgestaltung und Ergonomie des Bedieners sollte daher eine Überprüfung der Mensch-Maschine-Schnittstelle des Alarmsystems beinhalten und die Zweckmäßigkeit bewerten, einschließlich der für den Bediener bestehenden Belastungen. Betrachten wir zum Beispiel das Design von Flugzeug-Cockpits und wie Informationen (einschließlich Alarminformationen!) den Piloten bereitgestellt werden - sicherlich könnte die Prozessindustrie hier noch so einiges lernen.

Untersuchungen haben gezeigt, dass die Triebkräfte hinter Alarmmanagementprogrammen meistens mit Sicherheitsaspekten, wirtschaftlichen Interessen oder ökologischen Überlegungen (in dieser Reihenfolge) und einem gewissen Regulierungsdruck in Zusammenhang stehen. Die Befragten aus einem Querschnitt der Prozessindustrie berichteten von einem „spürbaren“ oder „erheblichen“ Nutzen, aber niemand sprach von einem Null-Nutzen-Verhältnis ihrer Initiativen. Wie bereits dargestellt, ist dies nicht wirklich überraschend.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Alarmmanagement eine unerlässliche Maßnahme zur kontinuierlichen Verbesserung darstellt und keine einmalige Initiative, die umgesetzt und dann vernachlässigt wird. Diese Maßnahme kann bei nachträglicher Durchführung zwar kostspieliger sein, aber die Vorteile überwiegen bei weitem und machen die Kosten mehr als wett. Warum also Alarmmanagement? Die Botschaft ist klar und deutlich: Alarmmanagement ist Teil der Managementplanung für Prozessanlagen und gut für das Geschäft.